19.03.24
 

Eine Münze, die nach dem Gottesdienst im Klingelbeutel der Würselener Pfarrkirche St. Sebastian gefunden wurde, gehört zu den frühesten historischen Zeugnissen über die Geschichte der Stadt Würselen. Ein Bauer hatte sie vielleicht beim Pflügen auf seinem Acker gefunden und sich, da er sie wegen der fremden Aufschrift für wertlos hielt, bei der Kollekte leichten Herzens von ihr getrennt. Sie war aber, obwohl aus einfachem Erz, ganz und gar nicht wertlos. Zusammen mit anderen Funden legt diese Münze, die ein Bildnis des römischen Kaisers Valentinian I. (364—375) trägt, Zeugnis dafür ab, dass das Gebiet der Stadt Würselen schon zur Römerzeit besiedelt war. Zwei Römerstraßen, die Straße von Malmedy über Aachen nach Geilenkirchen-Heinsberg und eine zweite von Herzogenrath nach Verlautenheide, kreuzen sich hier. Eine dritte Römerstraße bildet heute die Gemeindegrenze gegen Broichweiden.

Die an den Wegekreuzungen gelegenen Römerlager wuchsen mit der Zeit durch hinzuziehende Kaufleute, Handwerker und Bauern ziemlich regellos und ohne eigentliche Planung zu größeren Siedlungen. So wird es auch im Falle Würselens gewesen sein. Jedenfalls wurden in der Würselener Flur „Mauerfeldchen" Mauerreste und Estrichboden einer römischen Villa freigelegt, an vielen Stellen fand man Tonkrüge, Schalen und Glasgefäße, und in dem früheren Elchenrath wurden sogar Überreste einer römischen Ziegelei entdeckt. Hinzu kommen die schon erwähnten Funde römischer

Hinzukommen die schon erwähnten Funde römischer Münzen. Sie sind benannt nach dem aufgeprägten Kopf des jeweiligen Kaisers und sorgfältig nach ihrem Fundort registriert:

Münzfunde aus der Römerzeit

Münzfunde aus der Römerzeit

Kaiser Galba (68—69), Silber, gefunden 1860 in der Nähe des nach Scherberg gehenden Weges an der sogenannten Judenstatt;

Kaiser Caligula (37 - 41), Erz, gefunden 889 zwischen Dobach und St. Jobs seitlich des Grünen Wegs;

Kaiser Konstantin 'der Große (306 - 337), gefunden 1865 unweit des Bahnhofs Würselen, und schließlich die uns bereits bekannte Valentinian-Münze:

Kaiser Valentinian l, (364 - 375), Erz, gefunden im Klingelbeutel der Pfarrkirche Würselen.

Die Geschichte der heutigen Stadt Würselen, soweit sie durch historische Zeugnisse überliefert ist, beginnt also, wie so vieles im abendländischen Kulturkreis, bei den Römern. Zwar war das Aachener Gebiet bereits einige Jahrtausende vor der Römerzeit besiedelt. Man weiß aus Funden, dass schon um das Jahr 2000 vor Christus Steinzeitmenschen hier gelebt haben, aber es gibt aus dieser Zeit keine Hinweise auf eine menschliche Siedlung im Gebiet von Würselen. Dennoch sollten wir ein wenig bei der älteren Geschichte des Aachener Landes verweilen.

Töpfereien aus einem germanischen Grab bei Kaisersruh

Töpfereien aus einem germanischen Grab bei Kaisersruh

Auf die Steinzeit folgte von etwa 1800 bis 800 vor Christus die Bronzezeit. Ihr schlossen sich die älteste Eisenzeit und ab etwa 500 vor Christus die jüngere Eisenzeit an. Zu diesem Zeitpunkt siedeln im Aachener Land die Gallo-Kelten, ein ursprünglich aus Asien stammendes Volk, das sich über ganz Westeuropa ausgebreitet hatte. Die Kelten können sich jedoch nicht lange ihres uneingeschränkten Besitzes erfreuen. Von der rechten Seite des Rheins dringen germanische Stämme in das gallo-keltische Grenzland ein, unter ihnen ein besonders kriegerisches Volk, dessen wehrfähige Männer ausgezeichnete Reiter sind und das sich nun im Aachener Raum niederlässt ‑ die Eburonen.

Mit den Kelten verstehen sich die Eburonen zwar noch zu arrangieren, sie nehmen teilweise sogar deren Lebensformen an, betreiben Ackerbau und Viehzucht und schmieden aus selbst gewonnenem Eisen kunstvollen Schmuck und Waffen. Als aber im ersten Jahrhundert vor Christus römische Legionen das Land bis an den Rhein erobern, besinnen sich die Eburonen auf ihre kriegerische Vergangenheit. Im Jahre 57 vor Christus stellen sie sich zum Kampf und fügen dem römischen Heer große Verluste zu. In einem Aufstand gegen die Besatzung aus Rom werden im Jahre 54 vor Christus fünfzehn römische Kohorten vernichtet, rund 8000 Mann. Aber die Freude über diesen Sieg ist nicht von langer Dauer. Schon ein Jahr später bricht Julius Cäsar zu einem Rachefeldzug gegen die Eburonen auf, bei dem ihre Dörfer und Gehöfte niedergebrannt und die meisten Bewohner getötet werden. Das Vernichtungswerk ist auch im Aachener Raum so gründlich, dass die Eburonen fortan als geschlossener Volksteil nicht mehr existieren.

Die Römer, ließen das verwüstete Gebiet nicht lange unbesiedelt. Sie wiesen das Land westlich der Wurm den keltischen Stämmen der Segnier und Kondruser zu, während sie östlich der Wurm die Ubier, einen germanischen Stamm von der unteren Lahn, ansiedelten. Schon hier beginnt sich die Bedeutung des Wurmbaches für die späteren Gebietsansprüche abzuzeichnen: Bei allen politischen und kirchlichen Aufteilungen in den folgenden Jahrhunderten bildete die Wurm stets die wichtigste natürliche Grenze.

Das machte sich bereits im 5. Jahrhundert bei der Völkerwanderung bemerkbar, als fränkische Stämme in den Aachener Raum eindrangen. Die ripuarischen Franken (Uferfranken) besetzten das Gebiet östlich der Wurm und vermischten sich hier mit den Ubiern, während salische Franken sich in Aachen selbst und in den westlich der Wurm gelegenen Gemeinden das Gebiet mit den Kondrusern teilten. Bis in unsere Zeit können die Sprachforscher die Trennungslinie zwischen den Stämmen an den verschiedenen Mundarten feststellen.

Das ist die Gelegenheit auf die die ein germanischer Volksstamm von der rechten Seite des Rheins, schon lange gewartet haben. Aus dem Land zwischen Rhein und Weser, vom Westerwald, von der Sieg, aus dem Sauerland stoßen sie über den, Rhein vor. Zahlreiche Siedlungen fallen ihnen zum Opfer, ehe die politische und militärische Herrschaft der Römer auch im Bereich des heutigen Landkreises Aachen endgültig zusammenbricht zugleich mit dem Untergang des weströmischen Reiches im Jahre 476.

Aber die Zeit des fränkischen Reiches ist noch fern. Vorerst einmal beherrschen die Römer fast 500 Jahre den linksrheinischen Raum. Nach blutigen Eroberungskriegen und der Befestigung ihrer Herrschaft begann, auch für das Aachener Gebiet eine vielhundertjährige Friedenszeit, in der die einheimische Bevölkerung von den kulturell hochstehenden Römern vieles lernen konnte. Die Römer brachten Handwerk und Landwirtschaft zu hoher Blüte, sie entwickelten den Bergbau auf Eisen und Galmei, betrieben in vollendeter Form die Kunsttöpferei und waren Meister der Baukunst; nicht nur beim Bau von Wohnungen, sondern auch von Straßen, Brücken und Wasserleitungen. In diesen Jahrhunderten einer gesicherten, friedlichen Entwicklung wird auch die an Stelle der heutigen Stadt Würselen entstandene Siedlung am Kreuzungspunkt der beiden Römerstraßen ihren Aufschwung genommen haben. Gefahren durch feindlich gesinnte Nachbarn wurden durch die römischen Besatzungstruppen abgewehrt. So störte nichts das Bild eines ungetrübten Friedens, bis im Jahre 416 das von schweren inneren Auseinandersetzungen zerrüttete, von äußeren Feinden bedrohte Rom seine Truppen aus den besetzten Gebieten zurückrufen musste.

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